Die Bayern zählen ja bekanntlich zu einer unserer liebsten Nachbarn,...
Mit der spektakulären Ausstellung „Rembrandt – Hoogstraten, Farbe und Illusion“ verabschiedet sich Sabine Haag als langjährige Direktorin des Wiener KHM und präsentiert Arbeiten der beiden niederländischen Ausnahmekünstler des Frühbarocks in einer bislang nie dagewesenen Kombination u.a. mit dem Schwerpunkt „Augentäuschung“ und Illusion. Nicht einmal 10 der an die 60 ausgestellten Werke stammen aus dem KHM selbst, alle anderen sind internationale Leihgaben und in dieser Zusammenstellung werden die beiden Künstler wohl nie mehr zu sehen sein. Das allein wäre schon ein Grund, die Ausstellung zu besuchen. Nun werden Sie sich fragen, wozu denn so ein Ereignis, dass in den österreichischen Medien ohnehin schon heftigen Niederschlag gefunden hat und beworben wird/wurde, hier in der „Genusszeit“ nochmals propagiert wird.
Nun, meines Erachtens gibt es außerhalb des Mainstreams Details, die nur wenige wahrnehmen und daher mal thematisiert werden könnten. Für mich entsteht nämlich der Eindruck, dass Rembrandt im 17. Jhd. schon - von der breiten Masse der Bewunderer unbemerkt - einen gewissen Hang zur Provokation gehabt haben muss – wohl ohne den gesellschaftskritischen Hintergrund wie in der Moderne im 20. Jhd. (beginnend mit dem Dadaismus), aber immerhin:
Gleich im ersten Raum der Ausstellung findet sich Rembrandts Bild „Die Predigt Johannes des Täufers“ (Gemäldegalerie Berlin), eine ganz dichte Arbeit mit an die 100 Figuren in erkennbar unterschiedlichen Gemütszuständen (gebannt, gelangweilt, abgelenkt), unterschiedlicher Herkunft (Indianer, Schwarzafrikaner etc.) in Rembrandts unnachahmlichen Hell-Dunkel-Ausprägung – ein wahres Meisterstück. Man muss sich schon intensiv mit den dunkel gehaltenen Segmenten des Vordergrunds befassen, wenn man Besonderheiten entdecken will. Vorne rechts eine Mutter, die ihr Kind gerade seine Notdurft verrichten lässt, d.h. nackter Popo aus dem sich unzweifelhaft eben das „Stoffwechselendprodukt“ löst, vorne links, zwei kopulierende Hunde in eindeutiger Pose. Hintergrund für diese Provokationen? Leider keine Ahnung! Ich bin kein Kunstexperte, schon gar nicht für niederländisches Barock. Nun aber doch selbst neugierig geworden? Na, dann auf ins KHM – möglicherweise finden Sie einen kundigen Führer, der das erklären kann. Mein Tipp dazu: Lt. Kassa vor Ort schwächere Besucherströme jeweils mittags an den Wochentagen und Donnerstag spät abends (noch bis Mitte Jänner 2025).
Essay by Walter Ritter
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